Korrosion
Allen Unkenrufen zum Trotz rostet der R4 zwar noch nicht im Prospekt – aber nicht viel später und dafür um so heftiger. Zwar hatten alle Hersteller in den 60er und 70er Jahren Probleme mit dem Rost, aber der R4 nahm hier auf seine Art schon eine Spitzenposition ein. Um 1970 herum war es keine Seltenheit, daß zum ersten TÜV – Termin nach 2 Jahren schon die ersten Reparaturbleche auf den Boden geschweißt werden mussten. Für die weiteren Prüfungen musste dann immer mehr geschweißt werden – bis dann nach 8 Jahren häufig keine Substanz mehr da war, an die man etwas anschweißen konnte.
Doch diese Zeiten sind schon fast vergessen. Die R4 aus den frühen Jahren, die heute noch existieren, ist nur durch glückliche Fügung ihres Lebenslaufes das Schicksal ihrer alltäglich bewegten Artgenossen erspart geblieben. Dies sollte man immer im Hinterkopf haben, wenn man so einen Klassiker heute bewegt. Streusalz muss ein absolutes tabu bleiben, oder er rostet schneller als sie schweißen!
Grund für die Rostschäden ist das dünnflüssige Salzwasser, das in enge Spalte zwischen aufeinanderliegenden Blechen gesaugt wird. Dort fördert es die Korrosion und der poröse Rost drückt die Bleche auseinander und speichert in seinen Poren weiteres Salzwasser. Auch wenn das Wasser verdunstet – das Salz bleibt zurück und zieht jede Art von Feuchtigkeit an und die Korrosion geht weiter. Leider finden sich beim R4 zur Verstärkung an vielen Stellen großflächig aufeinanderliegenden Bleche. Diese Spalte erreichen leider alle Hohlraumschutzmittel nur unzureichend.
Waren bei den Modellen bis ca. 1972 im wesentlichen nur die Bodengruppe betroffen, gesellte sich in den 70ern auch der Karosserieaufbau dazu. Jetzt gab es Rostlöcher auch in Türen, Dach und Spritzwand.
Etwas beruhigt hat sich das Dilemma in den Jahren 1983-1986. Hier gibt es durchaus relativ rostresistente Modellserien. Diese sind bei etwas Pflege durchaus winterfest und ungewohnt lange haltbar. Jedoch haben die 80er auch einen neuen isolierten Rostschwerpunkt hervorgebracht, der vorher noch nicht in Erscheinung trat. Die hinteren Längsträger rosten im Bereich um die Stoßdämpfer zum Teil heftig. Hier ist eine einwandfreie Reparatur recht aufwendig und oftmals wirtschaftlich nicht mehr vertretbar.
Die letzten Serien ab 1987, die teilweise aus Spanien und Slowenien importiert wurden, sind inzwischen als kapitale Roster bekannt. Für sie kann auch nur ein Streusalz – tabu ausgesprochen werden, wenn Sie nicht in ein paar Jahren weggebröselt sein sollen.
Rost am Boden und den Kotflügeln ist lästig aber nur bedingt gefährlich. Durchgebrochene Sitze und abgefallene Kotflügel sind beim R4 noch keine überliefert. Aber es gibt auch heiklere Stellen, die einer regelmäßigen Kontrolle bedürfen. Die Rahmenträger rosten vorne auf der Unterseite und auch an den senkrechten Wänden und oben. Es macht sich zwar nur in extremen Fällen die Vorderachse selbständig, aber genau das sollte nicht passieren.
Die weiteren Problempunkte konzentrieren sich um die Hinterachse. Standard – Rostschwerpunkt ist der Lagerbock vor dem Hinterrad. Dieser bricht bei fortgeschrittener Korrosion einfach ab. Daraufhin fängt die Hinterachse an, eigenmächtig mitzulenken.
Auch könne die Brems- und Benzinleitung in diesem Bereich abgerissen werden! Diese Stelle läßt sich jedoch einwandfrei mit einem Reparatureinschub instandsetzen. Bewährt hat sich hier ein Ausrichten des Hinterrades mit Maurerschnur und Wasserwaage. Sonst steht das Hinterrad nachher schief und die Reifen fahren sich einseitig ab.
Auch rosten die Blechschwingarme der frühen Baujahre und der Slowenien-R4 durch. Hier hilft nur der Austausch des Längslenkers oder einfacher der Hinterachse – Reparaturschweißungen sind hier problematisch. Verwendbar sind die unproblematischen Achsen mit Lenkern aus Gusseisen der R4 nach 1977. Die dritte Problemzone sind die oben erwähnten Träger, deren doppelte und dreifache Blechlagen von innen durchrosten. Bei den Jahrgängen vor 1982 ist meist nur die Unterseite betroffen und leicht zu reparieren. Bei den späteren Modellen sind auch oft die Seitenwände morsch. Zur einwandfreien Reparatur muß die Hinterachse ausgebaut werden und am besten die kompletten Träger erneuert werden. Die andere Methode ist das „Überkronen“ der Träger mit einem großflächigen Reparaturblech. (z. B. von den Reno4ern)
In früheren Jahren konnte ein R4 durch etwas Schweißen durch einen neuen TÜV – Stempel im Wert vervielfacht werden. Diese Methoden führten aber trotzdem alle am Ende auf den Schrottplatz. Für den R4 als Klassiker muß gelten, daß er nicht mehr rosten darf. Kommt er mit Streusalz in Berührung und wird er nur vom TÜV mal von unten inspiziert, ist der korrosive Zerfall in unseren Breiten nicht aufzuhalten und das Haltbarkeitsdatum sehr nahe!
Was kann man dagegen noch tun?