…oder eigentlich: verschraubte Bodengruppe ?
Der R4 hat keine klassische selbsttragende Karosserie aber auch keinen klassischen Leiterrahmen mit aufgesetzter Karosserie sondern eine Zwischenlösung bei der die Bodengruppe mit dem mittragenden Karosserieaufbau verschraubt ist.
Weitere Beispiele dieses Sonderwegs, die mir einfallen ist der VW Käfer, der 2CV ( Ente), das Goggomobil und der Lloyd ( -> Wobei die Ente eher einen mit Blechen verkleideten Leiterrahmen hat )
Die Gründe dafür sind vermutlich weniger in der Funktion sondern bei Ideen für die Produktion zu suchen !?
In der Szene hat sich trotzdem die Bezeichnung „Fahrgestell“ für die Bodengruppe und „Häuschen“ für den mittragenden Karosserieaufbau gehalten.
Historie
In der Anfangszeit des Automobilbaus kam man rasch zu der Bauweise mit einem Leiterrahmen an dem an Blattfedern die Achsen hingen und darauf ein nicht mittragender Aufbau. Das Cabrio war das preisgünstigste Modell, da dessen Karosserie viel einfacher aufgebaut war. Nachdem die geschlossenen Versionen aufgrund Ihres besseren Wetterschutzes ab der zweiten Hälfte der 1920er Jahre trotzdem die Cabrios verdrängten, entstanden Konstruktionen, welche die Fahrgestellfunktion in die Karosserie integrierten. Dach und Türschwellen übernahmen tragende Funktionen.
Mitte der 1930er Jahre fanden diese Konstruktionen Eingang in die Grossserie bei Citroen und Opel und auch Renault folgte mit dem stark vom Opel inspirierten Juvaquatre diesem Prinzip und blieb dabei auch beim Nachfolger 4CV und Dauphine.
Bei Lastwagen und Geländewagen blieb man dagegen bis heute beim Leiterrahmen als Konstruktionsprinzip.
Rückschritt?
Warum man für den R4 die Bodengruppe und den Aufbau wieder trennte, darüber kann ich nur spekulieren. Die beste Erklärung könnte der Plan sein, auf Identischem Unterbau verschiedene Modelle zu realisieren was dann auch so kam. Siehe auch : Modellfamilie
Leichter, steifer Aufbau
Im Gegensatz zum Leiterrahmen der aus offenen Stahlprofilen bestand, kommt beim selbsttragenden Aufbau die Stabilität aus geschlossen Trägern aus Blech, die wesentlich leichter sind. Um in der Grosserie das Schnelle Wiederstands- Punktschweissen zu ermöglichen, sind die Blechteile an den Schweisstellen aufeinander gelegt, was enge Spalte zwichen den Belchlagen zu Folge hat. An Stellen, die höhere Festigkeit erfordern sind diese „Blechschachteln“ sogar durch flächig aufgedoppelte Bleche verstärkt. – Bei den verschraubten Bodengruppen geht hier allerdings etwas Steifigkeit in den Verbindungsbereichen verloren.
Mit dieser verschraubten Lösung lassen sich passive Unfallschutzeinrichtungen schlecht realisieren. Die Hilfsrahmen vorne und hinten sind steif und verformen sich kaum – die Verformung findet im Bereich dazwischen statt, und der Fussboden faltet sich. Folgenreicher ist es aber noch, wenn der Anstoß höher und damit auf das Häuschen erfolgt. Dessen Vorderbau bietet fast keine Steifigkeit und die Türsäulen sind nur unzureichend mit dem Boden verbunden.
Rost bereits einkonstruiert
Leider reicht bei dieser Bauweise mit vielen Spalten und Hohlräumen eine Lackierung von aussen nicht als Rostschutz. Daher probierte man über die Jahre einiges an Verfahren aus, aber auch die Tauchlackierung brachte keine deutliche Verbesserung. So starben einige Generationen von Automobilen den Rosttod, lange bevor die immer haltbarer weiterentwickelte Mechanik kaputt ging.
Erst um 1982 gelang es, den Rost weitgehend zu verdrängen durch verbesserte Stahlherstellung und verbesserte Beschichtung und verbesserte Karosseriekonstruktionen. Auch bestehende Modelle wurden deutlich haltbarer, durch alle Hersteller fast zeitgleich.
Auch der R4 wurde in dieser Zeit vergleichsweise mit den früheren Jahrgängen deutlich unempfindlicher. So sind die von 1984 – 1986 noch in Billancourt produzierten R4 die Rostresistentesten. Was kein Restaurator tun würde: Bei dieser Serie wurde als erster Arbeitsgang Fahrgestell und Häuschen verschraubt und anschließend lackiert und zuletzt alles eingebaut. Grund für diese Umstellung war, den neuen R5 auf dem gleichen Band zu montieren – und dieser hatte natürlich eine einteilige Karosserie.
Leider waren die nach der Werksschließung in Billancourt aus Slowenien und Spanien importierten R4 der Spätzeit wieder üble Roster.
Kein dauerhafter Rostschutz möglich?
Beim R4 – Fahrgestell sind leider an vielen Stellen großflächig Bleche doppelt aufeinandergeschweißt. In diese Spalte lässt sich nur schwer und unvollständig Rostschutzmittel bringen. Leichter hat es hier (Salz-) Wasser, das durch die Kappilarwirkung prima in enge Spalte gesaugt wird. Der entstehende Rost drückt den Spalt auseinander und in seiner porösen Struktur speichert der Rost das wiederum weiteren Rost fördernde Salzwasser. Der Rost dichtet den Spalt aber gegenüber Rostschutzmitteln ab. Somit rostet trotz „Hohlraumversiegelung“ das Fahrgestell an den doppelten Bereichen irgendwann durch. Zuerst am Boden im Bereich in dem die vorderen Rahmenträger einmüden und später an hinteren und vordern Schwellerende und an den Rahmenträgern vorne und hinten. Wenn der R4 kein Salz sieht und noch besser selten regennasse Strassen, verlangsamt sich dieser Pozess aber deutlich.
Rostschutz durch Zink
Wird Stahl mit Zink beschichtet, bildet sich ein chemisches Element, bei dem der Zink sich langsam auflöst und der Stahl vom Rost verschont bleibt. Es ist somit strenggenommen auch nur eine Verzögerung bis der Zink aufgebraucht ist, die aber in den meißten Fällen ausreicht, um Rost zu verhindern.
Die Versuche R4 – Fahrgestelle nachträglich zu verzinken haben aufrund der oben beschriebenen doppelten Bleche Grenzen. Ein Sprizverzinken von aussen bringt nicht viel, galvanisch verzinken scheidet auch aus, da es innen nichts hilft ( keine elektrische Spannung innen – Fardayischer Käfig ), und Tauchbadverzinken führt zu Verzug und es müsste eine ausgefeilte Verteilung von Ablauflöchern eingebracht werden, damit das Zink wieder aus den Hohlräumen fliessen kann. ( Ich hatte mal eine tauchbadverzinktes Fahrgestell, das war fast 3 mal so schwer, weil viel Zink innen blieb. Somit bleibt als einzig sinnvoller Weg, das Fahrgestell gleich aus verzinktem Blech herzustellen wie es heute im Automobilbau seit Jahren üblich ist.
R4 Fahrgestell aus verzinktem Blech
Leider hat Renault das nie realisiert mit bekanntem Rost-Dauerthema – deshalb fertigt ein Hersteller von Reparaturblechen das Fahrgestell aus verzinktem Blech seit eingen Jahren nach. Wenn man manche grob geformten „Einschweissbleche“ kennt, überrascht positiv das Ergebnis, das dem Original doch sehr nahe kommt. Ich hätte hier mit einer Fertigungsvereinfachung für die Kleinserie an vielen Stellen gerechnet. Aber es wurden teure Umformwerkzeuge für jedes Blech angefertigt. Das Fahrgestell wurde daraufhin von Renault als zulässiges Ersatzteil freigegeben. Es gibt das „normale“ Fahrgestell für die Viergangversion des R4 Fünftürers, der Fourgonette / R4F4, dem Plein Air und dem Rodeo und dem R6 und das Verkürzte für den JP4 / Frog und ab 2025 auch das Verlängerte für den R4F6.
Das Nachbaufahrgestell in der Praxis
Das Nachbaufahrgestell unterscheidet sich vom Grosserienteil in einigen Punkten, die man beim Einbau berücksichtigen muß. Nachdem es durchaus einen merklicher Kostenblock bei der Restaurierung darstellt, finden viele Anwender die erforderlichen Nacharbeiten und Anpassungen als Zumutung, vor allem, wenn man aufgund fehlender Information den Fehler gemacht hat, und das Fahrgestell davor bereits aufwendig lackiert hat, und die Anpassung mit der ebenfalls neu lackierten und damit empfindlichen Karosserie ( „Häusschen“ ) erfolgen müssen.
Um diesem Informationdefizit abzuhelfen, habe ich folgende Erfahrungen zusammengestellt und Tips zur Lösung ergänzt, um zukünftigen Restaurateuren Ärger zu ersparen:
Es macht Sinn, die Kontrollen und ggf. Anpassungen einzuplanen und vorzunehmen, bevor Lackiert wird.
Folgende Bereiche wurden mir berichtet, die man prüfen sollte, ob das vorliegende Fahrgestell, diese noch aufweist. (Manches wurde in der Zwischenzeit in der Nach-Fertigung korrigiert, das Fahrgestell kann aber auch länger im Lager gelegen haben ):
- Passen die hinteren Arme der vorderen Drehstäbe in die Aufnahmen am Fahrgestell? ( evtl. muss die grosse Bohrung vergrößert werden )
- Passt das Lenkgetriebe auf die Aufnahmen? ( evtl. muss an der linken Aufnahme das Blech etwas beiseite geklopft werden )
- Ist der halbmondförmige Freigang im Falz zu den Antriebswellen groß genug?
- Passt der Abstand der Aufnahmen der Konsolen von Motor und Getriebe? ( Die Position des vordern Querträger soll korrigiert worden sein, wodurch am Übergang zu den Längsträgern breitere Spalte entstehen. -> zur Sicherheit am besten eine Motor-Getriebeinheit probeweise einsetzen. )
- Passt der seitliche Abstand der hinteren Achsbefestigungen? ( ist die Achse zerlegt kann sie bei der Wiedermontage hier große Toleranzen ausgleichen. )
- Passen die Karosseriebefestigungsschrauben ( evtl. müssen die Löcher im Häusschen und an den vordern Innenkotflügeln nachgearbeitet werden. )
- + Formabweichungen, die eine Rahmenrichtbank zur Korrektur erfordert hätten, hatte ich aufgrund der Klagen erwartet – sind aber keine berichtet worden 🙂
Bei den im Fahrgestell vorhandenen Mutter-Gewinden hat man bewusst auf handelsüblichere Gewinde umgestellt. So sind die Gewinde mit M7x1 auf Regelgewinde M8 umgestellt, da hochfeste M8 Schrauben viel einfacher neu zu beschaffen sind. Man ging davon aus, daß bei einer Vollrestauration durchgängig neue Schrauben verbaut werden. An schwer zugänglichen Stellen ( Traverse zwischen Tank und Reserverad, B-Säule… ) hilft es bei der Montage, Zylinderschrauben mit Innensechskant ( Inbus ) mit Unterlegscheiben zu verwenden. Für diejenigen, welche die 13mm Sechskante der normalen M8 Schrauben an den sichtbaren Stellen stören. -> Es gibt auch M8 mit 11mm Sechskant ( z.B. die Ölablassschraube und andere Schrauben der Vespa ) – oder etwas Häufiger: Muttern M8 mit 11mm Sechskant aus dem man einen Schraubenkopf basteln kann, oder man arbeitet eine 13er Sechskantschraube um, oder verwendet einen M7 Helicoil? – Der Kreativität der Der Erfüllung des 11mm – Wunsches sind hier keine Grenzen gesetzt 🙂
Die Halter des Querstabilisator sind auch mit Regelgewindeschrauben befestigt ( Diese würde ich mit Schraubensicherung einkleben ).
Vor dem Lackieren würde ich viele Ablaufbohrungen einbringen. Unter der aufzubringenden Karosseriedichtmasse würde ich bereits vorlackieren. Nach dem Lackieren würde ich die Hohlräume mit flüssigem Korrosionsschutz ( z.B. Fluid Film ) fluten und das Fahrgestell in alle Richtungen drehen und das überschüssige Fluid anschließend wieder herauslaufen lassen und auffangen für die weitere Verwendung. Als zweiten Schritt kann man noch zäheres Hohlraumschutzmittel verspritzen. Am Besten auch in verschiedenen Drehpositionen des Fahrgestells.
Dieses Punkte und Aufgaben halte ich für Lösbar. – Wenn ich bei einer Restaurierung den R4 so weit zerlegt habe, daß das ( löchrige ) Fahrgestell nackt vor mir liegt, würde ich nicht zögern, statt dessen ein verzinkes Fahgestell zu verwenden um sichzugehen, daß die Chancen auf erneuten sicherheitsgefährdenden Rost nachhaltig verringert wurden !? Im Vergleich zu den übrigen Kosten der Restaurierung relativiert sich die Investition – ich würde sogar damit rechnen daß der Wert des fertig restaurierten Fahrzeuges entsprechend steigen dürfte !?
Für die Ente gibt es solche Nachbaufahrgestelle schon länger und diese erfreuen sich großer Beliebtheit. Aufgrund der guten Nachfrage werden für die Ente inzwischen auch Häuschen und Türen nachgefertigt. Wenn die Nachfrage beim R4 passt, gibt es vielleicht auch für das R4 Häuschen immer mehr Neuteile…